Bärtige Pinguine – Einheitslook im Frack

Als echter Wiener bin ich natürlich informiert über den Wiener Opernball. Ein Spektakel, das medial Wellen schlägt und über das im Österreichischen Fernsehen ausgiebig berichtet wird. Natürlich stolpert man beim Zappen dann auch über die Live-Übertragung. Beim Opernball gibt es eine strenge Kleiderordnung. Knöchellang soll das Kleid sein und es darf nicht zu eng anliegen. Die Frisur muss sitzen und dem Anlass entsprechend sein. Auch der Schmuck muss qualitativ hochwertig sein und die Armanduhr ist verpönt. Soweit zu den Frauen. Der Mann muss Frack tragen.

Frack, oder Camouflage

Bei einer so traditionellen Abendveranstaltung gibt es für die Männer einen strikten Dresscode. Anzug, oder Smoking geht da nicht durch. Es muss ein Frack sein, schwarze Lackschuhe und eine Taschenuhr. Die Politik trägt zum Frack noch eine rot-weiss-rote Scherpe und wer hat, der darf sich seine Orden ans Revers pinnen. Weißer Schal und Zylinder dazu und schon ist man kleidungstechnisch geeignet, den Wiener Opernball zu besuchen. Ausnahmen gibt es nur für Militärangehörige, die in Ausgehuniform teilnehmen dürfen. Der Rest bleibt draußen. Ist es nicht in vielen Lebensbereichen so, dass uns Männern die Auswahl einfach gemacht wird und die meisten von uns, allein schon im Job, in einer Einheitskleidung herumlaufen müssen?

Anzug und Hemd

Wer im Büro arbeitet, der wird, je nach Position und Unternehmen, Anzug und Hemd tragen. Es gibt zwar zahlreiche Varianten in Farbe, Schnitt und Stoff, aber unterm Strich sind die Männer eher einfärbig unterwegs. Der Individualismus läuft subtil und man trägt als Rebell höchstens mal nur den einfachen Windsor-Knoten. Als Frau sind die Regeln wesentlich lockerer. Auch hier gibt es natürlich Regeln und Vorgaben, aber vom Scheitel bis zur Sohle kann die Frau Ihren Charakter an jeder Rundung unterstreichen. Da baumeln Quasten, wippen Rüschen und blitzen Farben. Das Gesamtkunstwerk wird dann mit Accessoires abgerundet die nach verschiedenen Regeln montiert werden um Regionen zu betonen und von anderen abzulenken. Zuletzt wird dann noch ein hübsches Gesicht aufgemalt und schon ist Frau bereit für den harten Arbeitsalltag.

Korsett für den Mann

Ein Ball bei dem man nur mit der Berufskleidung von Jopi Heesters Zutritt bekommt ist ein Ausdruck der Enge des Korridors, in der wir Männer uns tagtäglich bewegen. Man trägt dies und man trägt das, aber im Vergleich zur Frau sind die optischen Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt. Da wird nicht mit Falten und Schnitten gearbeitet, oder in der Länge variiert. Männer übermalen die Stellen, die ihrem Schönheitsideal nicht entsprechen, auch nicht einfach. In einem Frack begleiten die Männer die bunten und individuell eingekleideten Damen zum Ball. Genauso haben wir in der Gestaltungsmöglichkeit des Outfits im Alltag wenig Möglichkeiten.

Endlich!

Jetzt ist es soweit. Auch in diesem Beitrag schaffe ich schließlich, nach einer quälend langen Heranführung an das Thema, die Kurve zum Bart. Wir Männer haben wenig Spielraum in unserer Gestaltung. Außerhalb Schottlands sind Röcke nur bedingt gesellschaftsfähig und die Accessoires sind hauptsächlich auf Kopfbedeckung und Armbanduhr beschränkt. Auf die Augen- und Unterwäschefarbe abgestimmter Schmuck ist unter Männern eher unüblich. Statt dessen hat die Natur und styletechnisch reich beschenkt. Unser Individualismus sprießt in der unteren Gesichtshälfte und auch der langweiligeste Frack kann nicht verhindern, dass unser Bart uns von den anderen Männern unterscheidet.

Ein Vollbart, wie kein Zweiter

Der Vollbart hält in allen Gesellschaftsschichten Einzug und ein gepflegtes Bärtchen darf auch am Opernball getragen werden. Statt im Frack den anderen Männern zu gleichen, wie ein Pinguin dem Anderen in der Kolonie, kann man sich mit einem gepflegten Vollbart deutlich von den Anderen abheben. Anders als ein gewagter Haarschnitt, ist der Bart in jeder Ausprägung, nutürlich nur solange er gepflegt ist, ein akzeptiertes Stylingelement des Mannes. Vom Dreitagebart bis zum ausgewachsenen Vollbart steht dem Mann jede bärtige Ausprägung. Auch zum Frack kann der Bart bedenkenlos getragen werden. Allerdings kann es passieren, dass man ihn, beim Eintritt in die Oper, kurz heben muss, damit die weiße Fliege kontrolliert werden kann.

Sei bärtig

Der Bart gibt Dir also die Möglichkeit, Dich von anderen Männern abzuheben. Zu den zahlreichen Vorzügen des Vollbarts gesellt sich also ein weiterer dazu. Der Vollbart ermöglicht auch beim strengsten Dresscode einen individuellen Look. Ein Statement der eigenen Persönlichkeit, das in der Einheitskleidung nicht anders möglich wäre. Der Bart verhilft der eigenen Persönlichkeit, beim Ball, oder im Alltag, zu Ihrem Recht. Statt in der Masse unterzugehen kann man mit dem Bart deutlich seinen Charakter zeigen und ausdrücken, dass man selbst etwas Besonderes ist. Genauso wie Dein Bart!

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