Die Menschheit bewegt sich rasant vorwärts. Hab ich mir in der Jugend noch einen 386er geholt – für die Jüngeren: einer der ersten Intel-Prozessoren in Heimcomputer – , mit 40 Floppydisks Windows 3.1 installiert und viele viele Minuten beim Bootvorgang alle 25 MHz bei der Arbeit gesehen, so sitze ich heute vor einem Gerät, das etwa die 122fache an Prozessorleistung aufweist. Den Arbeitsspeicher möchte ich gar nicht vergleichen und über Bildschirmdiagonale und -gewicht brauchen wir uns auch nicht unterhalten. Allerdings ist diese rasante Entwicklung nicht in allen Bereichen des Lebens vorangegange. Bei der Rasur verlief die Entwicklung deutlich weniger exponentiell und wer es ernst meint, der verwendet ein altes Modell: Das Rasiermesser.
Es kommt nicht auf die Geschwindigkeit an
Ratz Fatz mit der Motorsense zweimal um die Schnauze gefahren und schon wächst kein gutes Haar mehr, wo man es nicht will. So, oder so ähnlich läuft die klassische Trockenrasur ab. Monoton elektrisches Kreischen und das Reiben der Haare im Schneidwerk sind ein Geräusch, das sicher keine Lust auf den Tag macht. Nicht Alles, was heute auf den Markt kommt ist auch eine Verbesserung und wer hin und wieder zum Barber geht, der wird zwar, da wo es Sinn macht, mit dem Trimmer bearbeitet werden, die Königsdiziplin bei der Vollbartwartung, das Schneiden der Konturen, macht der Profi aber mit dem Rasiermesser. So ein Profi ist ja nicht umsonst ein Profi. Der lernt das und später, wenn er sein eigener Chef ist, dann kann er ganz alleine entscheiden, wie er dem Nachwuchs außerhalb der Konturen zuleibe rückt. Trotzdem bleibt er beim Rasiermesser.
Vorsicht scharf
Wie Profis das so an sich haben sieht das immer ganz einfach aus, was sie so treiben. Ich habe letztens ein Video gesehen, in dem Jerome Kantner mit einem Kamm und einem Rasiermesser einen sauberen Verlauf geschnitten hat. Ein Wunder, dass er noch alle Finger hat! Aber auch, was der durchschnittliche Barber mit seinem Rasiermesser anstellt, braucht Übung. Spielt man also mit dem Gedanken ein Rasiermesser anzuschaffen, dann sollte man sich bewußt sein, dass man in der ersten Zeit sicher etwas länger im Bad brauchen wird. Die Zeit sollte man sich auch nehmen. Schließlich wächst auf Narben kein Bart mehr.
Erster Schritt
Der erste Schritt ist das Rasiermesser kaufen. Hier sollte man sich ausreichend Zeit nehmen und zuerst ein wenig recherchieren, worauf man achten muss. Während das Heft eine rein optische Funktion hat, ist die Kopfform, oder die Breite der Klinge, sowie der Schliff wichtig für die Handhabung des Messers. Hat man das passende Messer angeschafft, dann sollte man bei der Rasur unbedingt darauf achten, die Haut gleitfähig zu machen. Dazu kann man ganz klassisch die Rasierseife, oder die Rasiercreme verwenden. Hat man noch wenig Erfahrung mit der Rasur mit dem Rasiermesser, dann stört der undurchsichtige Schaum allerdings. Als Alternative kann man Rasieröl einsetzen. Ein dickflüssiges Öl, das dafür sorgt, dass das Messer problemlos über die Haut gleitet, gleichzeitig aber durchsichtig bleibt und damit den Blick auf die Konturen ermöglicht.
Erste Hilfe
Aus eigener Erfahrung hier noch ein dringender Tipp! Wenn Du Dich verschneidest, Deine rechte Kontur also tiefer, oder höher sitzt, oder die Form einfach anders ist, als auf der anderen Seite, dann gib Dir genau eine einzige Chance zur Korrektur. Plane, was Du tust, nimm Dir Zeit und dann setz um, was Du für richtig hältst. Ist es danach immer noch asymetrisch, dann lass es so! Versuch auf keinen Fall weiter und weiter und weiter und weiter und weiter die Konturen auf gleich zu schneiden. Pack Dein Rasiermesser weg, wasch Dein Gesicht, zieh Dich an und geh zum nächsten Barbershop. Wenn Du dem Barber Dein Problem darlegst, falls er es nicht gleich gesehen hat, dann wird er Dich auf jeden Fall einschieben und auch ohne Termin helfen. Auf keinen Fall wird er Dich mit dem asymetrischen Bart aus seinem Laden gehen lassen 😉
Ein Barbier wird das Ausmaß erkennen und die Konturen dort setzen, wo sie noch Sinn machen. Danach kannst Du entscheiden, ob Du sie wieder höher ziehen möchtest, oder sie dort belässt. Aber rette Deinen Bart und trag ihn zum Barbershop, wenn Du nach der ersten Korrektur noch immer nicht symetrisch bist!
Rasiermesser – Stil, statt Effizienz
Letztendlich zählt beim Bart und der Bartpflege nicht die Effizienz und die Geschwindigkeit. Der Bart ist Dein Weg zur Entschleunigung und Deine Burnout-Prävention. Es geht um Genuß, um Entspannung und Pflege. In erster Linie sollte das Erlebnis zählen und nicht das Ergebnis. Der Griff zum Rasiermesser ist in jedem Fall die richtige Wahl. So erreichst Du eine saubere Kontur und ein gepflegtes Aussehen und musst den Tag nicht mit einem Elektrogerät in der Hand beginnen!