Kennst Du die Situation, wenn Du an der Ampel stehst und neben Dir kommt ein Auto zum Stehen, das Deinem zum Verwechseln ähnlich sieht? Irgendwie fühlt man sich dem Typen hinter dem Steuer der Klon-Karre seltsam verbunden. Genauso ist es, wenn man im Ausland einen Landsmann trifft. Man fühlt sich verbunden und gründet sofort einen kleine Gemeinschaft.
Geheimgesellschaft
Es macht uns einfach glücklich, wenn wir einen Gleichgesinnten treffen. Wir fühlen uns bestärkt im eigenen Handeln und der Kollege muss zumindest in diesem Bereich etwas gemeinsam haben. So beschließt der Mensch sich zu verbrüdern und mit gleichgesinnten eine Gruppe zu bilden.
Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl ist eine recht aktuelle Entwicklung. Dem Urmensch war der Mitmensch noch pauschal egal und von Mitgefühl war keine Rede, wenn der Sitznachbar als Säbelzahnzwischenmahlzeit verputzt wurde. Über die Jahrtausende haben wir den Kreis jener, für die wir etwas empfinden sukzessive erweitert. Noch im Mittelalter war bei öffentlichen Hinrichtungen die Schaulust anders motiviert, als wir uns das vorstellen. Dem mittelaltertlichen Bartträger war die Hexe egal, solange er nicht mit ihr verheiratet war. Über die Zeit haben wir hier immer größere Kreise gezogen und die Größe der Gemeinschaft, oder besser der Gemeinschaften, die wir für uns definieren ist immer weiter umfassender geworden.
Brüder im Leasing
Undenkbar für den Germanen am Ochsenkarren, der einen Ostgoten auf dem selben Karrenmodell trifft, für uns aber Alltag. Da regt sich was in uns, wenn der idente Bolide vorbeibrummt. Man nimmt das Fahrzeug in Aktion von außen wahr, was dem Fahrer ja beim eigenen Auto nur im Stand vergönnt ist und darüber hinaus verbindet uns mit dem Anderen zumindest die selbe Leasingrate, oft auch der Geschmack. Der Germane schaute auch nicht bewundernd auf den wattierten Wams des Passanten auf der Straße, selbst wenn er dem eigenen zum Verwechseln ähnlich war. Markenbewußtsein und Stil war eben noch nicht ausgeprägt genug um das zu entwickeln, was uns heute mehr bewegt, als uns lieb ist, wenn wir shoppen.
So viele Freunde
Es hatte der zeitgemäß egoistische Bauer im Mittelalter noch wenig Weitblick und hat Hänsel und Gretel kurzerhand auf einen Waldspaziergang ohne Wiederkehr geschickt. wenn das Futter nicht für alle reichte. Heute undenkbar und schwer verpönt, weil der moderne Mensch das mit der Familie viel ernster nimmt, als früher. Man begreift sich nicht nur als Mensch, sondern als Teil der Gemeinschaft Familie, fühlt sich zusammengehörig mit den anderen Mietern im eigenen Haus und auch den Bewohnern des eigenen Dorfs, des Landkreises und so weiter. Parallel dazu fühlen wir uns zusammengehörig mit, die vorher genannten Gemeinschaften überlagernden anderen Gemeinschaften und so mögen wir eben die Kollegen, die den selben Mustang in der Garage haben, wie wir, oder die ihre Unterwäsche vom selben Designer besticken lassen.
Gemeinschaft im Bart
Eine der wichtigsten Gemeinschaften im Leben des Bärtigen ist die Gemeinschaft mit den anderen Bartträgern. Da knisterts und rauchts, wenn sich zwei Bartträger begegnen. Kaufen wir uns neues Spielzeug, haben selber aber keinen Plan, dann wollen wir alle den bärtigen Tech-Nik fragen, bevor uns ein hagerer glattrasierter Verkäufer den Unterschied zwischen unserem laienhaften und seinem professionellen Unwissen umständlich stammelnd erklärt. Es zieht den Bart zum Bart und das nicht ohne Grund. Der Bartträger kennt die Werte und die Eigenschaften, die der Bärtige braucht und ich schreibe nicht vom Testosteron, sonst könnten wir uns auch gleich mit den Glatzköpfen solidarisieren, sondern die Ausdauer und Beharrlichkeit, die Zielstrebigkeit und die handwerkliche Begabung, den Zeitaufwand und den Willen ihn in Kauf zu nehmen und nicht zuletzt das ausgeprägte Stilbewußtsein!