Der Bart ist kein Stressball

Es ist ein herrliches Gefühl mit den Fingern durch den eigenen Bart zu streichen. Kein Wunder, dass man sich im Lauf des Tages das eine, oder andere Mal genußvoll durchs Barthaar fährt. Solange die Hände gewaschen sind, spricht auch nichts dagegen. Der Genuß beschränkt sich dabei nicht nur auf die Finger, sondern auch die Gesichtshaut profitiert von den Streicheleinheiten. Die Angewohnheit ist weit verbreitet und das Streichen durch den Bart durchaus gesellschaftsfähig. Es gibt im Leben aber Phasen, in denen sind Alternativen, wie ein Stressball, die bessere Wahl.

In die Vollen greifen

Der Griff in den Bart kann fast schon zu einer lästigen Angewohnheit merken. Denkt man verträumt nach, dann wandert die Hand ganz automatisch ans Kinn. Steht man im Stau, dann streicht man immer wieder durch den Bart. Der Kontrollblick in den Rückspiegel unterstützt hier auch eine sehr einfache Bartpflege. Speziell im Auto leben manch andere durchaus ihre Rhinotillexomanie aus und auch die Mukophagie ist eine weit verbreitete Praxis. (Ich erspare Dir an dieser Stelle die deutsche Übersetzung. Es dreht sich aber um die Nase, ein bis zwei Finger und Ernährung.) Angesichts solcher Alternativen kann man sich als Bartträger ein weiteres Mal sehr glücklich schätzen und auch die Nasenscheidewände werden es einem danken.

Choking under pressure

Der Sportpsychologe Jürgen Beckmann von der TU München hat sich mit dem Phänomen Choking under pressure, oder vielmehr der Lösung des Problems, beschäftigt. Choking under pressure bezeichnet im Sport den Leistungsabfall unter Druck, also in der Wettkampfsituation. Was im Training tausendmal geklappt hat, das macht im Stadion, oder vor den Kampfrichtern plötzlich Probleme. Beckmann hat Sportler gezielt unter Druck gesetzt und manchen von Ihnen einen Stressball in die Hand gedrückt. Teilnehmer waren 289 wettkampferprobte Sportler, die alle Rechtshänder sind. Der Stressball wurde vor der Wettkampfsituation jeweils mit der linken Hand gedrückt. Tatsächlich konnte Jürgen Beckmann mit seiner Studie nachweisen, dass der Stressball in Stresssituationen hilft und die Leistungsfähigkeit steigert. Es scheint also etwas dran zu sein, an dem Prinzip Stressball.

Prinzip Stressball

Das Prinzip hinter dem Stressball ist, wenn es um Sportler und Choking under pressure geht, ganz einfach. Die rechte Gehirnhälfte ist beim Ausführen automatisierter Bewegungsabläufe stärker gefordert. Die linke Gehirnhälfte konzentriert sich dabei mehr auf die Aufgabe selbst. Im Wettkampf nimmt die linke Gehirnhälfte oft das Kommando. Man verlässt sich nicht auf das, was automatisch passiert, sondern denkt an die 317 Anweisungen, die der Trainer dazu gegeben hat. Der Sportler konzentriert sich darauf alles richtig zu machen, statt es einfach so zu machen, wie er es geübt und damit als Bewegungsablauf automatisiert hat. Der Stressball in der linken Hand aktiviert jetzt die rechte Gehirnhälfte und damit die Routinen, die automatisch ablaufen.

Weniger Denken

Vereinfacht kann man also sagen, dass der Stressball, wenn man ihn mit der linken Hand drückt, dafür sorgt, dass man weniger nachdenkt. Das ist gut, wenn man die Aufgabe, die vor einem liegt, eigentlich im Schlaf beherrschen sollte. Im Alltag wird man wohl selten in einer sportlichen Wettkampfsituation stehen, aber auch der unsportliche Berufsalltag setzt uns manchmal unter Druck. Damit die Präsentation gut abläuft, oder man selbst im Verkaufsgespräch natürlicher wirkt und ganz automatisch reagiert, statt über jedes Wort nachzudenken, kann die Aktivierung der rechten Gehirnhälfte nicht schaden. Aber nicht nur dafür ist ein Stressball geeignet.

Stressabbau

Man könnte es fast schon Ticks nennen. Steigt der Druck, dann sucht sich der Körper oft ein Ventil. Der Grund liegt in unserer Entwicklungsgeschichte. Der Steinzeitmensch hatte beruflich wenig Stress. Er konnte sich ausgiebig dem Bartwuchs widmen. Wenn es doch einmal stressig wurde, dann hatte das nichts damit zu tun, dass ein Telefon klingelte, oder ein Abgabetermin näher rückte. Früher war Stress gleichbedeutend mit Lebensgefahr. Da kam ein Sägelzahntiger zum Essen vorbei, oder ein Höhlenbär wollte etwas besprechen. Die Natur hat in solchen Situationen vorgesehen, dass Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet werden. Die beiden Hormone versetzen unseren Körper in Alarmbereitschaft. Der Stoffwechsel wird umgestellt, so dass rasch möglichst viel Energie bereitgestellt werden kann. Der Blutdruck und die Herzfrequenz steigt und die Bronchien weiten sich. Der ganze Körper bereitet sich also auf einen Kampf um Leben und Tod, oder darauf um sein Leben zu rennen vor. Dabei hat uns nur der Chef nach etwas gefragt, was wir schon gestern hätten erledigen sollen.

Weglaufen ist keine Option

Da sitzen wir also mit angespannten Muskeln und auf der Höhe unserer Körper dreht in den roten Bereich hoch. Aufspringen und wegrennen, oder den Verursacher anspringen und zur Strecke springen ist keine wirkliche Option. Wir brauchen also ein Ventil um die ganze Energie, die uns plötzlich zur Verfügung steht abzubauen. Der Stressball kann hier perfekt sein. In unterschiedlicher Intensität wird der kleine Freund gequetscht, bis er uns zwischen den Fingern herausquillt. Die Kombination aus Beidem gibt dem Stressball aber seine Daseinsberechtigung. Konzentrationsförderung durch das gezielte Drücken mit der linken Hand und Energieabbau mit einer beliebigen, oder sogar beiden Händen. Soweit also zum Stressball. Wenden wir uns wieder dem Bart zu.

Selektive Bearbeitung

Es gibt also zwei gute Gründe einen Stressball einzusetzen. Die Leistungssteigerung und den Stressabbau. Tatsächlich kann man den Bart ebenfalls als Ersatz für einen Stressball heranziehen. Allerdings muss hier klar zwischen den zwei Einsatzgebieten unterschieden werden. Es funkioniert hervorragend, sich mit beiden Händen den Bart zu raufen, daran zu ziehen und das Barthaar leise knirschend zu drücken, wenn man Stress abbauen will. Das sollte man aber vermeiden. Einerseits zerstört man die Bartfrisur und andererseits werden Barthaare von der ungewohnten Grobheit in Mitleidenschaft gezogen. Bei all dem, was der Bart für uns tut, sollten wir ihm das nach Möglichkeit ersparen und immer dann, wenn das Adrenalin uns in die Adern schießt, nach Alternativen suchen. Stattdessen kann der Bart und die Finger der linken Hand, die dadurch streichen, beim Abrufen von Höchstleistungen unter Druck sehr hilfreich sein.

Bärtige Höchstleistung

Durch den Bart zu streichen hilft also, das Gehirn zu aktivieren. Will man kreativ, spontan oder intuitiv sein, oder möchte ganzheitliche Zusammenhänge verstehen, dann muss die rechte Gehirnhälfte aktiviert und der Bart mit der linken Hand gestreichelt werden. Geht es um Logik, will man einen Text verstehen, oder wird gerechnet, dann ist die rechte Hand und damit die linke Gehirnhälfte gefordert. Wo ein rasierter Zeitgenosse einen Stressball, einen Kugelschreiber, oder auf dem Tisch klappernde Fingernägel braucht, da können wir Bartträger auf unseren Bart zurückgreifen. Allerdings muss, wie schon erwähnt werden, klar unterschieden werden.

Der Bart ist kein Stressball

Während der Stressball für Aktivierung des Gehirns und Abbau von Stress gleichermaßen geeignet ist, ist das der Bart nicht! Steht man unter Spannung und muss Energie ableiten, dann ist der Bart die völlig falsche Wahl. Stattdessen sollte daher auch der Bartträger einen Stressball in der Schublade haben.

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